Circular Talks by CLIMATEX mit Claus Anstoetz von der JAB Anstoetz Group
«Das Bewusstsein für die Sinnhaftigkeit nachhaltiger Produkte zu stärken, bleibt eine der grössten Herausforderungen für uns.»
Arbeiten für ein gutes Klima ist fest im Leitbild der Bielefelder JAB Anstoetz-Group verankert. Im Gespräch gibt der geschäftsführende Gesellschafter, Claus Anstoetz, spannende Einblicke in die Bedeutung von Design, Akustik und Healthcare, spricht über die Voraussetzungen für einen textilen Kreislauf – und verrät, warum er sich in diesem Jahr besonders auf die Orgatec freut.
CLIMATEX: JAB Anstoetz hat sich Nachhaltigkeit schon lange auf die Fahne geschrieben. Was bewegt Sie aktuell? Und wie sensibilisieren Sie Ihre Mitarbeitenden für dieses komplexe Thema?
Claus Anstoetz: Nachhaltigkeit ist für uns alles andere als ein Trend und spielt seit über 20 Jahren eine zentrale Rolle in unserem unternehmerischen Handeln. Bereits in den 2000er-Jahren haben wir Photovoltaikanlagen installiert, 2008 folgte ein Bio-Block-Heizkraftwerk. Seither investieren wir kontinuierlich in kleinere und grössere nachhaltige Projekte. Unsere Mitarbeitenden werden regelmässig zu Nachhaltigkeitsthemen geschult und sind angehalten, das Thema proaktiv ins Unternehmen zu tragen. Seit 2021 sind wir Mitglied des UNA Global Compact Netzwerks und haben uns damit zu nachhaltigem Handeln verpflichtet und eigene Ziele gesetzt. Wir verbessern uns stetig - auch wenn es noch viel zu tun gibt.
Was hören Sie bezüglich der Nachfrage nach nachhaltigen Produkten aus dem Markt?
Das ökologische Bewusstsein ist in den letzten Jahren gestiegen und es sind viele nachhaltige Produkte auf den Markt gekommen. Mit Zirkularität als Königsdisziplin sind Cradle-to-Cradle-Produkte für mich die Messlatte, die es zu erreichen gilt. Trotzdem hören wir immer wieder, dass Endverbrauchende nicht bereit sind, für nachhaltige Produkte höhere Preise zu bezahlen und stattdessen zu konventionellen Produkten greifen. Das Bewusstsein für die Sinnhaftigkeit nachhaltiger Produkte zu stärken, bleibt eine der grössten Herausforderungen für uns.
Es wird also preissensitiv eingekauft, obwohl ein nachhaltigerer Einkauf bevorzugt würde?
Der Preis ist und bleibt definitiv ein Regulativ. Aber beispielsweise bei Architekt:innen und Bauunternehmen spüren wir eine Veränderung, weil viele heute einfach nachhaltiger bauen wollen – und müssen. Zu einer ökologisch verantwortungsbewussten Bauweise gehört die Verwendung von Materialien, die ebenfalls nachhaltig oder im besten Fall kreislauffähig sind. In der Innenarchitektur sehen wir das grösste Potenzial für nachhaltige und/oder kreislauffähige Textilien im öffentlichen Bereich wie Office und Healthcare, da hier viel Funktionalität gefragt ist.
Mit 1,5 Millionen installierten Sitzeinheiten ist CLIMATEX im Office-Bereich stark vertreten, da hier eine hohe Nachfrage nach Performance Fabrics besteht. Wie beurteilen Sie das Thema Healthcare und Healing Architecture?
In diesem Sektor sind Funktionalität und Performance Fabrics ebenfalls besonders wichtig. Der Bereich Healthcare wächst rasant, vor allem im Hinblick auf Senioren- und Pflegeheime. Hier muss in den nächsten Jahren viel entwickelt werden, um den steigenden Bedarf zu decken. Textilien spielen hier eine wichtige Rolle für das Wohlbefinden, sowohl haptisch als auch optisch.
Die JAB Anstoetz Group ist in vielen Bereichen tätig. Wie stellen Sie als «The Design Company» sicher, dass Sie Ihrem eigenen Nachhaltigkeitsanspruch gerecht werden?
Mit dem Claim «The Design Company», den wir vor zwei Jahren eingeführt haben, wollen wir unterstreichen, dass bei uns zahlreiche interne und externe Designer:innen tätig sind und sich tagtäglich Gedanken über Innovation und Design machen. Nachhaltigkeit ist ein zentrales Kriterium bei der Produktentwicklung – in allen Bereichen. Dabei geht es nicht nur um das Produkt selbst, sondern auch um Themen wie Logistik, Verpackung und Herkunftsländer. Wir verstehen Nachhaltigkeit ganzheitlich. Deshalb setzen wir verstärkt auf nachhaltige Materialien wie Recyclingmaterialien und kreislauffähige Produkte, die am Ende ihres Lebenszyklus in den jeweiligen Kreislauf zurückgeführt werden können. Dabei darf aber nicht vergessen werden, dass Recyclingmaterialien einen hohen Materialinput erfordern.
Nehmen Sie Stoffe zurück, um sie an Recyclinganlagen oder Recyclingprojekte weiterzugeben?
Das wird sicher die Zukunft sein. Einen richtigen Kreislauf gibt es noch nicht. Aber es wird viel daran gearbeitet. Es gibt bereits vereinzelte, aber sehr dezentrale Stellen, an denen Textilien zurückgegeben werden können. Das Ziel muss aber eine flächendeckende Rückgabemöglichkeit sein. Es macht keinen Sinn, etwas zurückzunehmen, um es dann mehrere hundert Kilometer zum Recycling zu bringen.
Photovoltaikanlagen auf dem Dach und im Inneren das Designzentrum sowie das Lager – sie spiegeln die kreative Arbeit der JAB Anstoetz Group am Standort Bielefeld wider.
Können Sie sich vorstellen, dass die JAB-Gruppe eines Tages eine Recyclinganlage betreibt?
Man sollte niemals nie sagen. Aber wir sind mit Leib und Seele Textilunternehmer, Stoffgrosshändler, Teppichproduzenten und Polstermöbelhersteller. Ich bezweifle, dass wir besonders talentiert wären, eine Recyclinganlage zu betreiben. Aber es könnte sich in Zukunft die Möglichkeit ergeben, Prozesse effizienter zu gestalten oder sogar einen Wettbewerbsvorteil zu erlangen. Dabei geht es nicht nur um unsere Produkte, sondern auch um die vielen anderen wiederverwertbaren Produkte der verschiedenen Industrien. Damit nähern wir uns bereits dem von der EU geplanten Green Deal.
Welche Veränderungen erwarten Sie für JAB Anstoetz durch den Green Deal?
Derzeit kursieren viele Informationen zu diesem Thema. Wir warten daher ab und entwickeln unsere Produkte so, dass sie nachhaltig sind – und nicht nur, weil es gut klingt. Wir hoffen natürlich, dass die Regulierungen sinnvoll und zielführend sind. In Deutschland wird vielleicht ein bisschen zu viel reguliert und politisiert, was die Wirtschaft belastet. Für das Thema Nachhaltigkeit sind diese Regulierungen aber wichtig, um voranzukommen.
Doch es braucht Zeit, diese Vorschriften zu verstehen und mit unseren Vorlieferanten abzustimmen. Viele unserer Marktbegleitenden haben keine eigene Produktion, so dass wir auch die Umsetzung in Ländern wie China, Indien, Italien und der Türkei berücksichtigen müssen. Der höhere Aufwand wirkt sich auch auf die Preise aus, wobei wir darauf achten müssen, dass die Preise nicht zu hoch werden, da sonst die Nachfrage nach nachhaltigen Produkten sinkt.
Wie nehmen Sie die derzeitige Stimmung unter Ihren Lieferanten wahr?
Aufgrund der konjunkturellen Schwierigkeiten ist die Stimmung in ganz Europa angespannt. Energiekrise, Krieg und Inflation, vor allem in der Türkei, bereiten den Lieferanten Sorgen. Darüber hinaus belasten Lieferkettenprobleme und längere Transportzeiten die Kosten und Prozesse. Trotz dieser Herausforderungen bleiben wir positiv und setzen auf Innovation. Die Zusammenarbeit mit CLIMATEX ist für uns besonders spannend, da wir eine enorme Innovationskraft erleben. Genau diese Innovationsfähigkeit sehen wir als Chance, die Branche nachhaltig positiv zu beeinflussen.
Wo sehen Sie das grösste Potenzial für die Zusammenarbeit mit CLIMATEX?
Im Office-Bereich, insbesondere im Bereich New Work. CLIMATEX ist hervorragend geeignet, die Anforderungen an Nachhaltigkeit zu erfüllen. Die Herausforderung besteht darin, unsere technischen Produkte so weiterzuentwickeln, dass sie nicht nur modern und funktional, sondern auch wohnlich und gemütlich wirken. Ziel ist es, Produkte zu schaffen, die sowohl technisch als auch haptisch ansprechend sind.
Einblick in die modernen Showrooms der JAB Anstoetz Group, in dem innovative Textilien und exklusive Einrichtungskonzepte präsentiert werden.
Welche Themen treiben die JAB Anstoetz Group sonst noch um?
Wir beschäftigen uns sehr stark mit dem Thema Akustik, da die Veränderungen im New-Work-Umfeld durch die zunehmende Rolle von Homeoffice und die damit verbundenen kleineren Büroflächen neue Herausforderungen mit sich bringen. Wenn die Flächen kleiner werden, fallen die Wände, was einen erheblichen Einfluss auf die akustischen Bedingungen hat. Deshalb haben wir ein eigenes Akustiklabor eingerichtet und einen Experten eingestellt, der innovative Produkte entwickelt. Unsere Akustikmodule für Decke und Wand sowie schallabsorbierende Vorhänge und Raumteiler schaffen kleine, kommunikative Räume. Diese Lösungen bieten grosse Chancen, die Akustik in modernen Büros zu verbessern.
Stellen Sie diese Produkte auch auf der Orgatec vor?
Ja, dort zeigen wir unsere schallabsorbierenden Vorhänge und die besonders schönen Akustikpaneele, die wir in Zusammenarbeit mit den renommierten Berliner Innenarchitekten Studio Aisslinger entwickelt haben. Diese Paneele sind vielseitig an Wand und Decke einsetzbar und lassen sich harmonisch mit anderen Produkten wie Teppichen und Polstermöbeln kombinieren.
Welche weiteren Highlights erwarten die Besuchende von JAB Anstoetz auf der Orgatech?
Neben den Akustikprodukten und CLIMATEX zeigen wir auch unser Portfolio an Textilien und Hartböden. Ich freue mich auf die Messe, weil viele namhafte Unternehmen vertreten sind und eine hohe Innovationskraft erwarten lassen. Ich empfehle allen, nach Köln zu kommen, besonders für den Office- und Contract-Bereich. Es wird eine sehr interessante Veranstaltung!